„Nebenwerk Oberer Eselsberg“

Nutzungs- und Bewirtschaftungskonzept für ein Baudenkmal

von Christian Gollmar

Einleitung



Zwischen Oberberghof und Universität West befindet sich das „Nebenwerk Oberer Eselsberg“, seit Jahrzehnten im „Dornröschenschlaf“, um vielleicht bald durch eine Vision „wach geküsst“ zu werden.

Seit das sehr beliebte Ausflugsziel, die Gastwirtschaft „Oberberghof“, Ende der 1970er Jahre zur Szene-Disco „Pyramide“ mutierte fehlt es an einem klassischen Ausflugslokal auf dem Eselsberg, die Discoära des Eselsberg endete bereits Anfang der 1980er und der Oberberghof beherbergt seither das Ulmkolleg. Keine 150 Meter vom Oberberghof entfernt schlummert ein Fort der Festung Ulm, eines der letzten in Deutschland erhaltenen Festungsbauwerke, die als „Biehlersches-Einheitsfort“ erbaut wurden.

Das „Nebenwerk“ wurde von 1883 bis 1887, zusammen mit dem von 1881 bis 1887 erbauten „Hauptwerk“, zur Verstärkung der Festung Ulm im Nordwesten gebaut. Das „Hauptwerk“ wurde Anfang der 1970er unnötigerweise und für viel Geld gesprengt und entkernt, ein Baudenkmal von unschätzbarem bauhistorischem Wert wurde unwiederbringlich zerstört. Eine Chance zur nachhaltigen Rettung und sinnvollen Nutzung hat hingegen das „Nebenwerk“.

In unmittelbarer Nähe des „Nebenwerks“ soll der „Bürgerpark Eselsberg“ entstehen, der als Bindeglied zwischen dem beinahe 18 000 Einwohner zählenden Stadtteil und der stetig wachsenden Wissen-schaftsstadt auf dem Oberen Eselsberg fungieren soll, profitieren würden auch die Bewohner des Neu-baugebietes des nahen Blausteins. In diesem Kontext kann ein Ausflugslokal funktionieren, zumal als historische „Insel“ inmitten der „Stätten des Alltags“ und „Vorboten der Zukunft“.

Hauptstandortvorteil neben der idealen Lage und Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, sogar die Straßenbahn wird das „Nebenwerk“ ab 2012 anbinden, ist die bereits in Planung befindliche Erschließung durch Fußwege, die den Botanischen Garten mit dem Bürgerpark verbinden werden, aber auch die Nähe zur Nordtangente und damit zur Autobahn.

Geschichte, fundiert und dennoch breitenwirksam aufbereitet, findet ein immer größer werdendes Publikum, insbesondere Freilichtmuseen erkennen dies in immer stärkerem Maße.

Auch in Ulm hat das seit 2007 jährlich stattfindende Ulmer Festungsfest (uff) gezeigt, dass die Festung Ulm als „Freilichtmuseum des Wehrbaus“ an wenigen Tagen tausende interessierte Besucher anlocken kann, Besucher, die Bauwerke als Zeugen der Vergangenheit, persönlich in Augenschein nehmen und begreifen wollen. Das „größte erhaltene Festungsensemble Deutschlands“ wartet aber immer noch darauf Besucher einen ausgedehnteren und professio- nelleren Zugang zur Festung und deren Geschichte anzubieten.

Das Bedürfnis nach zeitgemäßer Geschichtsvermittlung am Originalschauplatz, unterhaltsam und interessant aufbereitet, in Verbindung mit Denkmalpflege und Restaurierung, soll durch die Erschließung eines dem Verfall preisgegebenen Baudenkmals, welches seit Jahrzehnten ungenutzt sein Dasein fristet, mit diesem Projekt im Nebenwerk Oberer Eselsberg versucht werden.

Lage

ein potentielles Kundenreservoir welches bedient werden kann. An einem Wegekreuz gelegen wird das „Nebenwerk“ auch ohne Angebote bereits stark durch Passanten tangiert. Vor allem die Freizeitpassanten wären als Kundengruppe zu erschließen.

„Mitten drin in der Zukunft und doch aus dem vorletzten Jahrhundert“

Zwischen Wissenschaftsstadt Neubaugebiet und „Altem Eselsberg“ gelegen, versteckt und doch erahnbar, befindet sich die „historische Insel Nebenwerk“ am Waldrand.

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Ideal angebunden an Verkehrswege würde das „Nebenwerk“ neben der klassischen Besuchergruppe Heimat- und Geschichtsinteressierten einen Alltagskundenkreis ansprechen, der sowohl in der Wissenschaftsstadt als auch in den angrenzenden Wohnvierteln des Alten und Neuen Eselsbergs, der Gemeinden Mähringen, Lehr, Jungingen und des benachbarten Wohnviertels der Gemeinde Blaustein arbeitet und lebt. Ein Kundenkreis der zum Teil eine überdurchschnittliche Wirtschaftskraft besitzt und neben den gastronomischen Angeboten sicher auch Handelsgüter nachfragen würde, die sich in die Gesamtangebotspalette leicht einfügen ließen. über 10 000 Pendler der Wissenschaftsstadt und runde 25 000 Bewohner in direkter Nachbarschaft ergeben
 

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Mit quasi eigenem Autobahn- und Bundesstrassenanschluss (Ausfahrt „Universität Ulm“) ist eine direkte überregionale Anbindung für Individualverkehr und Reisegruppen gegeben. Für Tagestouristen aus den Großräumen Stuttgart, München, Nürnberg, Würzburg und aus der Bodenseeregion ist das „Nebenwerk“ in angenehmer Zeit zu erreichen.
 

Beschreibung des Bauwerks

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Luftbild des „Nebenwerks“ von 2008

Das Nebenwerk auf dem Oberen Eselsberg wurde von 1883 bis 1887 erbaut. Zwar verfügt das Nebenwerk über zahlreiche Einrichtungen, die für die sogenannten Biehler Einheitsforts typisch sind, dennoch wurde das Nebenwerk stark vereinfacht errichtet, weil es wesentlich kleiner geplant wurde. Eigentlich ein so genanntes Zwischenwerk, so wird doch beim genaueren Hinschauen klar, dass es sowohl von der artilleristischen Einrichtung wie Ausrüstung das Hauptwerk auch im Fernkampf hätte unterstützen sollen. Die Forts des Oberen Eselsbergs sollten in erster Linie stärkste Artilleriestellungen in vorderster Front sein, ihre infanteristische Verteidigung wurde eher als zweitran-gig angesehen.

Den Ulmern, Mähringern und Lehrern (Bürger der benachbarten Gemeinde Lehr!), denen zwei solche Großbaustellen, wenn auch weit außerhalb und mitten im Wald, nicht verborgen bleiben konnten, wurde einfach mitgeteilt dass das Württembergische Pionier-Bataillon ein Observatorium auf dem Oberen Eselsberg errichte. ob das allerdings geglaubt wurde ist nicht überliefert.

Das Nebenwerk und Hauptwerk des Oberen Eselsbergs schlossen eine Lücke in der Verteidigung. Der Entwicklung weitreichenderer gezogener Geschütze wurde Rechnung getragen indem das als Lünette gebaute Fort,im Gegensatz zu den älteren Forts, tiefliegend, unterhalb des Geländehorizontes, erbaut wurde und somit der Sicht des Feindes entzogen war. Auf krenelierte, freistehende Werksmauern wurde völlig verzichtet, das erstürmen der Wälle aus dem Gra-benbereich heraus wäre mittels Hindernisgittern verhindert oder zumindest stark erschwert worden. Einen gedeckten Weg erhielt das Nebenwerk nicht, auch sollten Hindernisverhaue oberhalb der Grabenaußenmauern (Contrescarpe), vor allem gegenüber den Caponnieren, die jetzt Grabenstreichen genannt wurden, das Eindringen in den Graben verhindern. Die Bauwerksseiten in Feindrichtung wurden größtenteils gleich mit Erdvorlagen erbaut um der feindlichen Artillerie kein Mauerwerk als Ziel zu bieten. Neu, zumindest für die Ulmer Seite der Festung war auch dass die Bauten fast vollständig in Ziegelmauerwerk ausgeführt wurden.

Das Glacis des Nebenwerkes endet freundwerts direkt oberhalb der durchweg gemauerten Grabenaußenwand (Contrescarpe), der Graben ist umlaufend bis zu 6 Meter tief und 9 Meter breit und war an der Außenwand mit einer mechanischen Alarmeinrichtung versehen. Die Grabeninnenseite wurde in Erde ge- böscht, ausgenommen die Kehlecken und Bereiche an den drei Grabenwehren in Feindrichtung, an den Schultern und in der Spitze, die mit kurzen Mauerstücken gefüttert wurden. Die Schultergrabenwehren wurden dabei so angelegt, dass sie von der Spitzgrabenwehr aus gesehen eine Linie mit der Grabeninnenseite bilden, damit sie nicht im Feuerbereich der Spitzgrabenwehr liegen. Die Schultergrabenwehren hätten nur ihre jeweiligen Flanken bestrichen. Im Gegensatz zu den älteren Festungswerken wurde keine Defensivkaserne (Reduit) in der Kehle erbaut, sondern unter einem Kehlwall eine so genannte Kehlkaserne. Das war eine Neuerung im Festungsbau, zur Unterbringung der Besatzung baute man ab 1872 diese tief liegenden Kehlkasernen und legte über diese dann einen Kehlwall. Zur Kehlverteidigung der Kehlkaserne wurde eine weitere Grabenstreiche erbaut.

Links vor der Kehlgrabenstreiche führt der Zugang ins Werk, ein Hohlweg (Poterne) von außen endet am Gittertor in der Grabenaußenwand, links davon befindet sich innerhalb der Grabenaußenwand ein kasemattiertes Blockhaus, mit Schießscharten innerhalb und außerhalb des Tores zur Sicherung des Ein-gangs. Der Weg führt durch den Graben zum Eingangstor in der Kehlkaserne und setzt sich im Inneren in einer Fahrpoterne bis zum Ausgang in den Werkshof fort.

Die Kehlkaserne besitzt nur zum Kehlgraben hin eine sichtbare Fassade mit Fenstern, die mit schweren Metallläden verschlossen werden konnten. Außerdem hatte die Kehlkaserne zwei weitere Seiten-ausgänge, einen aus einer Kasematte links der Fahrpoterne und einen zweiten Ausgang der sich ganz rechts in der letzten Kasematte der Kehlkaserne befindet, der Abortkasematte im Untergeschoß. Von beiden Seitenausgängen wäre man in den Bereich hinter die Hindernisgitter zum Kehlgraben hin gelangt

Innerhalb des rechten, größeren Teils der Kehlkaserne verbindet je ein Korridor pro Stockwerk in Längsrichtung die Wohnkasematten die zum Kehlgraben hin angeordnet sind, beide Korridore haben je einen getrennten Zugang von der Fahrpoterne aus. Beide Korridore enden je in einem gemeinsamen Treppenhaus, der äußerste Raum in jedem Stockwerk ist eine Abortkasematte. Auch führt eine weitere Poterne vom rechten Ende der Kehlkaserne aus in den Werkshof. Etwa in der Mitte der Korridore befindet sich eine Nische, die sich über beide Stockwerke erstreckt und in der die Alarmglocken hingen, die beim „großen Alarm“ die Reserven mobilisiert hätte. In den Wohnkasematten gehörten gusseiserne Öfen und Kochherde zur Grundausstattung.

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Werkseingang mit Kehlblockhaus, dahinter der Eingang zur Fahrpoterne

Vom Werkshof aus führen drei Poternen in die Grabenwehren und eine in das Kriegspulvermagazin unter dem linken Flankenwall.

Auf der linken Flanke und der linken Face wurden zwei Hohltraversen auf dem Wall eingebaut. Die Hohl-traverse auf der linken Face wurde als Fördertraverse eingerichtet, darunter befindet sich ein Kasemattenkorps mit Geschoßladesystem und weiteren Räumen. Ansonsten hatte der Wall ursprüng- lich nur Erdtraversen.

Bereits während der Bauzeit der beiden Forts auf dem Oberen Eselsberg warf die so genannte Brisanz-granatenkrise ihre Schatten voraus, die Entwicklung der Sprenggranaten war eine Gefahr für die erdbedeckten Ziegelgewölbe. So erhielten die bereits fertig gestellten Gebäudeteile äußere Beton-gewölbe.

Links der Fahrpoterne befindet sich ein Wasserreservoir für 32000 Liter und im Kehlglacis rechts der Zufahrt ein weiteres 55000 Liter fassendes, ebenfalls ungesichertes Wasserreservoir. Ansonsten war das Werk an die Albwasserversorgung angeschlossen und konnte bei einer Belagerung durch die Pumpstation Lehrer Tal versorgt werden. Das Nebenwerk Oberer Eselsberg bot Unterkunft für 370 Mann.

Im Zuge der Umbefestigung der Festung Ulm ab 1901 wurde das Nebenwerk modernisiert, 1903 erhielten die wichtigsten Kasematten eine weitere Betonverstärkung. Auf dem Frontwall wurde über der rechten Schulter ein Monierbeobachtungsstand eingebaut. Die beiden Werke des Oberen Eselsbergs wur- den nun zu reinen Infanteriestellungen umgewidmet, denn die neuen Armierungspläne sahen vor die Artillerie ins Zwischengelände zu verlagern.

Mit beginn des 1. Weltkrieges wurde das Nebenwerk zum Infanteriestützpunkt 30 der Hauptverteidigungslinie, mit der Armierung wurden weitere zum Teil umfangreiche Betonverstärkungen vorgenommen. Auf den Grabenwehren und der linken Hohltraverse wurden dicke Betondecken aufgegossen, Wände und Fundamente wurden mit Beton massiv verstärkt. Die Kehlkaserne verstärkte man durch eine dicke Betonplatte über der Erdbedeckung, die als Zerschellschicht dienen sollte.


Bauhistorische Bedeutung

Das Nebenwerk Oberer Eselsberg ist eines der letzten Typenforts in der Bundesrepublik Deutschland, welches nach den Vorgaben des preußischen Generals der Infanterie Hans Alexis von Biehler erbaut wurde.

General von Biehler war von 1873 bis 1884 Chef des Ingenieurkorps und ab 1885 Generalinspektor der preußischen Festungen, er war maßgeblich an der Planung der preußischen Einheits- oder Schemaforts beteiligt, die später unter dem Namen Biehler-Forts kategorisiert wurden. Im Vergleich zum System der neupreußischen Forts waren diese detachierten Forts, tiefer in das umgebende Gelände eingebettet und erstreckten sich über eine deutlich größere Breite. Der Festungsgürtel wurde wesentlich erweitert um der modernen Artillerie - Schutz vor der Wirkung gezogener Geschütze - gerecht zu werden. Die Forts des neuen Systems kombinierten Distanz- und Nahwaffen in neuer Weise. Ein gegnerischer Grabenübergang sollte energisch bekämpft werden, was durch gedecktes Feuer aus den Grabenwehren zu geschehen hätte, gegen das der Feind nur unzulänglich mit seinen Feldbatterien vorgehen hätte können.

Die preußischen Schemaforts wurden ab 1873 in großer Anzahl im Deutschen Reich gebaut: Die neuen Festungsgürtel von Köln, Straßburg, Posen, Thorn, Königsberg und Ingolstadt wurden komplett aus Schemaforts gebaut, die Festungsgürtel von Metz, Küstrin, Spandau, Ulm, Mainz und Magdeburg nur teilweise durch diese Schemaforts verstärkt.

Nach der Brisanzgranatenkrise in den 1880er Jahren wurden diese Forts jedoch wehrtechnisch geschwächt, sodass sie in den 1890er Jahren massiv umgebaut werden mussten um den erhöhten Anforderungen gerecht zu werden.

In Ulm hingegen kam es nicht mehr zu größeren, den Charakter verändernden Umbaumaßnahmen, deshalb ist der Erhaltungsgrad gerade des Nebenwerks Oberer Eselsberg so bau- und militärhistorisch bedeutsam, weil hier zu großen Teilen die Urform noch vorhanden, ersichtlich und begreifbar ist.



Das Nebenwerk Oberer Eselsberg wäre nach einer Öffnung für den Besucherverkehr das einzige Biehler-Fort in Deutschland in diesem Erhaltungszustand. Deutschlandweit gibt es nur noch die beiden größeren Biehler-Forts „Prinz Karl“ bei Ingolstadt und „Hahnenberg“ in Spandau. Ersteres ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, weil hier ein Sprengmittelbeseitigungsdienst untergebracht ist und letzteres wurde nach dem I. Weltkrieg erheblich umgebaut und muss erst noch aufwendig rekonstruiert werden.

Die anderen Biehler-Forts wurden nach dem I. Weltkrieg ohne Ausnahmen in wesentlichen Teilen zerstört oder befinden sich heute nicht mehr auf deutschem Staatsgebiet! Daher ist die Bedeutung des Nebenwerks Oberer Eselsberg nicht hoch genug einzuschätzen.

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      Kehlkaserne mit Kehlgrabenstreiche                                                       Kehlkaserne mit Eingang zur Fahrpoterne

Die Historische Interpretation

 

„Wir machen Geschichte“

Große Worte, die etwas zugespitzt beschreiben sollen was wir machen. Es geht darum die Geschichte des Württembergischen Pionier-Bataillons Nr. 13 im Zusammenhang mit der Geschichte der Festung und Garnison Ulm um die vorletzte Jahrhundertwende herum zu vermitteln. Um einen Einblick in Funktionsweisen der Festung, des Militärs, der Gesellschaft und vor allem in die Gedankenwelten der Menschen einer vergangenen Zeit zu ermöglichen, die so nachhaltigen Einfluß auf die Gegenwart hatte wie kaum eine andere Epoche. Aus dem Bedürfnis heraus die Erkenntnisse, Überlieferungen und Forschungsergebnisse einer interessierten Öffentlichkeit anzubieten, stellte sich die Frage wie dies geschehen könnte, dies sollte nicht nur durch die üblichen Publikationsformen bewerkstelligt werden. Die Idee reifte, sich einer bereits bewährten Technik zu bedienen – Der Historischen Interpretation.

Die Fülle der Themen, ihre Nuancen und Zusammenhänge wenn möglich umfassend zu vermitteln, dazu noch angepasst an die Bedürfnisse, Fragestellungen und Interessenschwerpunkte des Publikums, bedingen besondere Herangehensweisen und Darbietungsformen, vor allem wenn die Aufmerksamkeit des Publikums über einen längeren Zeitraum hinaus erhalten bleiben, eventuell sogar noch gesteigert werden soll.
Wir versuchen als Dolmetscher / Übersetzter (engl. = Interpreter), gekleidet und mit Gestus eines Zeitgenossen von damals, Geschichte für Wissbegierige zu „übersetzten“, stellenweise auch angereichert mit Elementen der Unterhaltung. Dabei handelt es sich trotz der authentischen Kleidung und des Einnehmens einer authentischen Rolle nur um eine Interpretation eines möglichen Vorbildes. Denn trotz eingehender Recherche kann der Anspruch einer originalgetreuen Darstellung einer realen Person in allen Einzelheiten (Rekonstruktion), wie Aussehen, Verhalten, Gedanken usw. niemals zu 100% erfüllt werden.

 

Die Historische Interpretation lässt sich in unterschiedliche Arten unterteilen:
 

Die „Demonstration“
Bei der „Demonstration“ werden Gegenstände, Bauwerke, Funktionsweisen, Tätigkeiten usw. dem Publikum erklärt und / oder Vorgeführt, zwar in historischer Ausstattung jedoch nicht in der Rolle als „Zeitgenosse von damals“, hierbei werden die heutige Sprache und Begrifflichkeiten durchaus verwendet, Bezüge zu späteren Zeiten und Entwicklungen aufgezeigt, auch auf das Rollenverständnis kann eingegangen werden. Aus dem Publikum sind jederzeit Fragen und Kommentare zugelassen. So ist eine Anpassung der Inhalte und das Eingehen auf die jeweiligen Publikumsgruppen jederzeit möglich.

 

Die „Szenische Darstellung “

Die „Szenische Darstellung“ nutzt Methoden des Schauspiels um historische Inhalte anschaulich in Spielszenen zu vermitteln. Die „Zeitgenossen von damals“ verhalten sich auch wie seinerzeit und reagieren hierbei in der Regel nicht auf das Publikum, sie bleiben in „ihrer“ Zeit. Das Publikum hat hierbei nur die Rolle des Zuschauers, man kann aber auch sagen des „Zeitzeugen“. Die „Szenische Darstellung“ eignet sich um dem Alltag, spezielle Tätigkeiten und die Bezüge von Soldaten und Zivilisten zu verdeutlichen, Standesunterschiede und Subordinationsverhältnisse aufzuzeigen.

 

Zum Teil kommt es auch zu Kombinationen und Vermischung beider Arten der Historischen Interpretation. So verbleiben die unteren Militärchargen meist in der „Szenische Darstellung“ und interagieren nur mit ihren Vorgesetzten, während der Vorgesetzte die „Demonstration“ nur kurz unterbricht um darauf zu reagieren, sich danach aber gleich wieder dem Publikum und der „Demonstration“ widmet. Das Wechseln der Arten kann auch zur Auflockerung einer Situation dienen, vor allem wenn das gerade behandelte Thema Längen aufweist und beim Publikum selbst „erlebte“ Begebenheiten lange Erklärungen überflüssig machen können.

Auch wenn oberflächlich betrachtet die unterhaltenden Elemente innerhalb der Historischen Interpretation schwer gewichtet sind, so erleichtert doch gerade diese Art der Wissensvermittlung den Zugang zum Publikum, weil diese als weniger trocken empfunden wird. Der Lerneffekt wird durch das „selbst“ erleben, das „Augenzeuge“ sein verstärkt und so oft gar nicht als „Lehrstunde“ empfunden, obwohl eigentlich klassischer „Frontalunterricht“ stattfindet. Selbstverständlich spielt auch der „Unterrichtsort“, ein echtes Festungswerk, eine tragende Rolle, ist dieser Ort doch echt historisch, die „Kulisse“ ist tatsächlich original. Das „erlebte“ wird zum Erlebnis.

 

Seit den 1930er Jahren werden Interpretationen in den USA zur Wissensvermittlung in den Bereichen Geschichte, Kultur und Natur angewendet, dabei wurde vielmehr auf Erfahrungswissen denn auf theoretische Ausbildung gesetzt.
1957 veröffentlichte Freeman Tilden eine, im Auftrag des US National Park Service entstandene, Zusammenfassung und Ausformulierung der Grundprinzipien von Interpretationen, als Ergebnis von Beobachtungen der Praxis in den 1950er Jahren, in seinem Buch Interpreting Our Heritage
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Verschieden Institutionen in Deutschland nutzen diese Form der Historischen Interpretation bereits.

So die „Burgen, Schlösser und Altertümer Rheinland-Pfalz“ auf der Festung Ehrenbreitstein über Koblenz, dort ist sogar ein „Festungskanonier“ fest angestellt um Gästeführungen als „Ewiger Soldat“ durch die Wehranlage anzubieten.

Die Stadt Germersheim mit der ehemals bayerischen Festung veranstaltet im Zweijahresturnus ein sehr erfolgreiches Festungsfest mit historischen „Manövern“, an denen wir auch schon teilgenommen haben, als Werbeträger für das Ulmer Festungsfest.

Auch das rheinische Freilichtmuseum Kommern bespielt mit mehreren Veranstaltungen im Jahr sein Inventar und die Besucher.


Festungsfest in Germersheim

Und auch beim Ulmer Festungsfest war unser Programm der Historischen Interpretation sehr erfolgreich, über tausend Besucher ließen sich durch das Fort Unterer Eselsberg insgesamt an beiden Ulmer Festungsfesten 2007 und 2008 führen und auch die Führungen unterm Jahr wurden insgesamt von rund 500 Besuchern nachgefragt. 2009 verzeichnete das Ulmer Festungsfest rund 1500 Besucher
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„Jahrmarktvergnügen anno dazumal“ im rheinische Freilichtmuseum Kommern                            Historische Interpretation in Germersheim

Denkmalschutz/Denkmalpflege

Die bauhistorische Einmaligkeit des Nebenwerks Oberer Eselsberg wurde ja bereits hervorgehoben, zudem handelt es sich um ein eingetragenes Baudenkmal und besitzt daher besonderen Schutz. Unser Konzept sieht nicht nur die Bespielung einer Ruine vor, sondern zur Bespielung auch noch den aktiven Denkmalschutz, die Restaurierung und die Rekonstruktion der originalen Bausubstanz, damit das Nebenwerk auch nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.

Trotz des vergleichsweise noch recht guten Bauzustandes sind bereits gravierende Schäden eingetreten, vor allem die Grabenaußenmauern und die Wallanlage sind bereits stark beschädigt. Diese Schäden müssen schnellst möglich erfasst, analysiert und dann behoben werden, wenn nicht in naher Zukunft irreparable Schäden eintreten sollen.

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Schäden an der Grabenaußenmauer                                                             Wassereinbruch im Frontkasemattenkorps

In enger Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden sollen die Schäden wissenschaftlich erfasst, ausgewertet und gemeinsam deren Beseitigung angegangen werden, die Arbeitskräfte und die handwerklichen Kenntnisse sollen von uns gestellt werden.

über Kooperationsprojekte sollen auch Hochschulen und Universitäten mit entsprechenden Studiengängen eingebunden werden und so weitere Kompetenzen der Denkmalpflege im Nebenwerk erschlossen werden, ebenso ist die Gründung einer Jugendbauhütte für das Nebenwerk angedacht.

Die Betreibergesellschaft

Als Betreiber des Nebenwerks soll eine gemeinnützige GmbH gegründet werden, der Christian Gollmar als Geschäftsführer vorstehen wird. Das Stammkapital soll mit Hilfe von Geldgebern, Spenden- und Verkaufsaktionen aufgebracht werden und als Einlage dem Eigentümer (das Land Baden-Württem- berg) als Sicherheit dienen.

Für den Betrieb des Nebenwerks Oberer Eselsberg wurde die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH gewählt, weil die Gewinne aus dem Zweckbetrieb der Erhaltung des Baudenkmals Nebenwerk sowie dessen Betrieb als historisch Bespieltes Freilichtmuseum des Wehrbaus zufließen sollen. Außerdem erleichtert diese Rechtsform von Kunden, Zulieferern und anderen Vertragspartnern als „normales“ Unternehmen wahrgenommen zu werden.

Die gemeinnützige GmbH paart zudem die Vorteile der typischen, auf gewerbliche Aktivität gerichteten Rechtsform GmbH mit den Steuervorteilen, die das Gemeinnützigkeitsrecht bietet und gewährleistet einen professionellen hauptamtlichen Betrieb, aber auch das Einbinden ehrenamtlicher Helfer.

Das Einwerben von Spenden für den laufenden Betrieb ist, dank der Gemeinnützigkeit, auch leichter zu bewerkstelligen.

Folgende Geschäftsfelder sollen bedient werden:

• Freilichtmuseum des Wehrbaus (Gästeführungen/Ausstellung)

• Garnisons-Museum Ulm
• Museums-Schaubaustelle

• Garten-Gastronomie
• Drucksachen- und Andenkenverkauf

• Marktwaren-Verkauf

• Festungs-Bäckerei

• Sonderveranstaltungen



Freilichtmuseum des Wehrbaus

Wochentags geöffnet mit der Möglichkeit Gästeführungen zu buchen und die Ausstellung zu besuchen. Am Wochenende und an Feiertagen mit festen Führungszeiten bezw. angepasst an die
Sonderveranstaltungen.

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Führung durch das Fort Unterer Eselsberg für Gruppen der “Stadtranderholung Ruhetal” im Sommer 2008

Garnisons-Museum

Wochentags und an Wochenenden und Feiertagen geöffnet, Besuch auch ohne Führungen möglich.

Museums-Schaubaustelle

Bei Bedarf. Sicherungs- und Restaurierungsarbeiten mit den Mitteln von damals und die Arbeitskräfte sind authentisch gekleidet. Besuchergruppen können hierbei zusehen, sinnvoller Weise in Verbindung mit anderen Angeboten.

Garten-Gastronomie

Festungs-Biergarten mit authentisch gekleidetem Personal, Essen und Trinken wie „anno dazumal“, in der Saison täglich geöffnet, Zutritt ohne Museumsbesuch möglich, Straßenverkauf.

Drucksachen- und Andenkenverkauf

Angebotspalette angepasst an den historischen Ort.

Marktwaren-Verkauf

Wöchentlich Erzeugerdirektvermarktung landwirtschaftlicher Waren.

Festungs-Bäckerei

Wöchentlich soll der Holzbackofen angeheizt und Brot gebacken werden, es soll auch die Möglichkeit bestehen Mitgebrachtes gebacken zu bekommen.

Sonderveranstaltungen

Z.B. jährliches Ulmer Festungsfest, historische Biwaks und übungen, Handwerkermarkt, Jugendcamp, Tagungen, Ferienfreizeiten usw.


Jugendbauhütte


Für die nächsten Jahre ist die Gründung einer Jugendbauhütte für das Nebenwerk Oberer Eselsberg angedacht.

Die Deutsche Stiftung Denkmalpflege hat den Satzungsauftrag, „den Gedanken des Denkmalschutzes und die Notwendigkeit der Pflege bedeutsamer Kulturdenkmale in breite Kreise der Bevölkerung zu vermitteln und sie zu aktiver Mithilfe zu bewegen“ (§ 2 Abs. 2). Diesem Ziel dient die von der Stiftung geschaffene Einrichtung der Jugendbauhütten, die Jugendlichen das „Freiwillige Jahr in der Denkmalpflege“ (FJD) anbietet.

Junge Menschen zu einer intensiveren Beschäftigung mit dem kulturellen Erbe zu bewegen, ist dieser Stiftung ein besonderes Anliegen. Die Stiftung will der jungen Generation zeigen, dass Denkmalpflege ein Thema für sie sein kann. Die Begegnung mit Denkmalen eröffnet Jugendlichen Gestaltungsspielräume und entfaltet verschiedenste Talente, so dass Wahrnehmung und Wertschätzung für kulturelle Zeugnisse wachsen können. Wenn es gelingt, auch jungen Menschen die Faszination historischer Bauten, alter Handwerkstechniken und Bauweisen zu vermitteln, hat die Vergangenheit eine Zukunft.

Die von der Stiftung ins Leben gerufenen "Jugendbauhütten" bieten seit einigen Jahren in der Trägerschaft des Internationalen Jugendgemeinschaftsdienstes e.V. (ijgd) den Rahmen für ein "Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege". Anknüpfend an die Tradition der mittelalterlichen Bauhütten bietet diese Sonderform des Freiwilligen Sozialen Jahres praktische Erfahrungen und eine erste berufliche sowie persönliche Orientierung. Im Rahmen eines Jahres können Jugendliche im Alter von 16 bis 26 Jahren in Handwerks- und Baubetrieben, bei Architektur- und Planungsbüros oder Denkmalbehörden mitarbeiten. In Seminaren werden begleitend Stil- und Materialkunde, Forschungs- und Arbeitsmethoden, Grundlagen der Denkmalpflege sowie die Bedeutung des europäischen Kulturerbes vermittelt. Unabhängig vom späteren Berufsweg nehmen die Jugendlichen die Erfahrung im Umgang mit Geschichte, Originalsubstanz und ihren handwerklichen Fähigkeiten mit.


In Verknüpfung mit den gemeinsam mit einem Träger der Jugendberufshilfe anzubietenden praxisnahen Beschäftigungs- und Lernmöglichkeiten auf der „historischen Baustelle Nebenwerk“, ließe sich kosteneffizient ein Personalstamm für die Restaurierungsarbeiten erschließen.

Arbeiten und lernen in der Denkmalpflege in und am Nebenwerk als Lernort für handwerkliche und soziale Kompetenz.

Zusätzlich sollen auch so genannte „Work Camps“ als nationaler und internationaler Jugendaustausch Teil des Jahresprogramms werden, das Nebenwerk als Arbeits- und Begegnungsort.

Kooperationsprojekte mit beruflichen Bildungsstätten werden ebenfalls angestrebt, seien es Berufsschulen, Universitäten oder Hochschulen mit entsprechenden Fachausrichtungen
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Baustelle Fort Orff Ingolstadt, erbaut 1878 bis 1882

Zeitplanung

Die Zeitplanung basiert auf der Annahme dass noch bis zur Jahresmitte 2009 eine dauerhafte überlassung des Nebenwerks durch das Land Baden-Württemberg zustande kommt.

Jahresmitte bis Ende 2009

• Aufräumarbeiten

• provisorische Herstellung der Verkehrssicherheit
• Gästeführungen
• Gründung der gemeinnützigen GmbH
• Erschließung weiterer Besuchsflächen (Grabenstreichen usw.)

• Wartungsarbeiten an den Fensterläden und Eisentüren der Kehlkaserne

• Erste Sanierungsarbeiten in einer Kasematte der Kehlkaserne (Fenster, Türen, Fußboden, Öfen, Schornstein usw.)

• Entfernung von Grafitti-Schmierereien, Ausbesserung der Anstriche

2010

• Bestandsaufnahme der Schäden (gemeinsam mit den Denkmalbehörden/Stadt Ulm & Regierungspräsidium Tübingen)

• Wegearbeiten/Verbesserung der Verkehrssicherheit

• Entfernen von schädlichem Bewuchs
• Einrichtung einer Werkstatt
• Anfertigung von Werkzeugen und Hilfsmitteln (authentische Schubkarren, Gerüstteile, Rampen usw./ erste Projekte mit der Jugendberufshilfe und ehrenamtlichen Helfern)
• Arbeiten am Außengelände

• Vorbereitungen für das Ulmer Festungsfest 2010 und für die Feierlichkeiten „Ulm 200 Jahre                      Württembergisch“
• Aufnahme des provisorischen Gartenwirtschaftsbetriebes

• Gästeführungen


2011

• Bau von Fenstern für die Kasematten der Kehlkaserne und Montage

• Abdichtungsarbeiten
• Vorbereitungen Ulmer Festungsfest 2011
• Fußbodenrestaurierung im Obergeschoß der Kehlkaserne
• Betrieb der Gartenwirtschaft
• Einbau von Leuchtmitteln
• Aufstellen von Gerüsten und erste Mauerarbeiten

• Gästeführungen

• Beginn der Trocknung feuchter Kasematten

2012

• Mauerwerkssanierungen

• Wallarbeiten
• Freilegung der Zugänge in die Grabenbereiche aus den Grabenwehren
• Innenraumsanierung
• Eröffnung der Ausstellung zur Geschichte des Bauwerks
• Vorbereitungen Ulmer Festungsfest 2012
• Tür- und Fensterbau für weitere Räume
• Rekonstruktion einer Kasematte im Originalzustand mit authentischer Inneneinrichtung

Je nach Fortschritten können die einzelnen Arbeiten variieren, eine genau Planung kann auch erst nach Feststellung der Schäden und der Dringlichkeit einzelner Bauabschnitte vorgenommen werden, dazu müssen die jeweiligen Finanzierungen stehen und dafür gegebenenfalls Spendeneinwerbeaktionen usw. veranstaltet werden. Zudem muss auch die jeweilige Nachfrage nach Angeboten und Sonderveranstaltungen, bezw. sonstige Faktoren, wie z.B. Witterungslagen, berücksichtigt werden.



Tourismus & Stadtmarketing


Immer mehr Städte in Deutschland erkennen das Vermarktungspotential historischer Ereignisse und/oder Bauwerke. Leider wird dies oft sehr unprofessionell und nicht historisch fundiert, eher als „Kasperletheater“ für Erwachsene angeboten. Negative Beispiele sind dabei vor allem die meist hanebüchenen Versuche mit „mittelalterlichen“ Aktionen und Angeboten zu „glänzen“.

Die Potenziale neuzeitlicher Bauwerke, vor allem aus dem ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert werden leider noch oft unterschätzt. Ulm sollte mit dem „größten erhaltenen Festungsensemble Deutschlands“ auf dem Tourismusmarkt punkten. Die vorhandenen Festungsbauwerke, deren Ausdehnung und Anzahl, macht Ulm in dieser Beziehung konkurrenzlos – Alleinstellungsmerkmal – nennt dies der Tourismusexperte.

Geschichte am Originalschauplatz zu vermarkten ist wohl der einzige Standortvorteil Deutschlands, der nicht ausgelagert werden kann. Egal welche Anstrengungen unternommen würden, deutsche Geschichte am Originalschauplatz zu präsentieren ist nur in Deutschland möglich!

Diesen Vorteil nicht zu nutzen wäre mehr als Verschwendung vorhandener Ressourcen.

Andere Festungsstädte in Deutschland haben dies bereits erkannt und handeln entsprechend. Auch in Ulm beginnt man das Potential zu erahnen. Die Nutzung des „Nebenwerks“ als Modellprojekt, für die Stadt ohne finanzielles Risiko. Gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen eine Chance, die genutzt werden sollte!

Die Erwirtschaftung der Kosten für den Betrieb und die Restaurierung entlasten Stadt und Land von eigenen Aufwendungen für die Pflege des Baudenkmals Nebenwerk Oberer Eselsberg.



Festungs- und Garnisonsalltag um 1900 erleben und begreifen, dies kann in  Ulm bald Wirklichkeit werden. Ein interessantes Ziel nicht nur für Fachpublikum, die Mischung und der Ereignischarakter in Verbindung mit professionellem Betrieb garantieren das benötigte und gewünschte Besucheraufkommen, welches wiederum die Finanzierung sichert. Geschichte kann und soll sich in diesem Fall auch rechnen.

Ein Beispiel: Festung „Grauerort“ bei Stade

Eine Machbarkeitsstudie der BTE-Tourismusmanagement / Regionalentwicklung in Hannover geht davon aus dass die Festungsanlage bis zu 100 000 Be- sucher anziehen kann, wenn die Angebotspalette um eine Gastronomie erweitert wird, doch auch ohne verbuchte „Grauerort“ 2007 rund 15500 Besucher.

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Kasematten in der Festung „Grauerort“ bei Stade

Museumskonzept

Neben üblichen zeittypischen Exponaten und Schautafeln zur Garnisons- und Festungsgeschichte soll vor allem das Alltagsleben in einem Festungswerk erfahrbar gemacht werden, hierzu sollen in erster Linie authentische Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände dienen, sowie eben auch das Element der Belebung durch Darsteller. Das Nebenwerk soll ein lebendiges Museum sein.

Neben üblichem militärischem Dienst wie Wache und Exerzieren usw., sollen die in der heutigen Wahrnehmung eher vergessenen Tätigkeiten hervorgehoben werden. So z.B. Putz- und Flickarbeiten, militärspezifische Handwerkstätigkeiten wie Schneider-, Schuster- und Sattlerarbeiten, Verpflegung, Pflege- und Wartungsarbeiten für Inventar und Ausrüstung, „Revierreinigen“, dazu auch die damals üblichen Pflege- und Wartungsarbeiten an den Wehranlagen.

Das Leben im Festungswerk kann anhand von authentisch eingerichteten und ausstaffierten Wohn-, Wacht- und Werkstattkasematten im wahrsten Sinne des Wortes begriffen, also auch angefasst und somit erlebt werden.

Kleintierzucht war zur Kaiserzeit Bestandteil nahezu jeder Militäranlage, zur Aufbesserung der eigenen Versorgung, wie auch zur „Hebung der Moral“ durch „Freizeitbeschäftigung“. Aus diesem Grund soll im Nebenwerk, wie in anderen Freilichtmuseen auch, typische Kleintiere gehalten werden. Diese ermöglichen vor allem Kindern einen interessierteren Zugang und sorgen zusätzlich für eine natürliche Belebung.

Die Pflege-, Instandsetzungs- und Restaurierungsarbeiten am Baudenkmal Nebenwerk sollen Bestandteil der „historischen Belebung“ sein, deswegen werden die Arbeitskräfte in authentischer Zivilkleidung, mit zeittypischen Werkzeugen und Hilfsmitteln, sowie Handwerkstechniken die Arbeiten auch während den Öffnungszeiten als Teil der Darbietung/Ausstellung durchführen. Nicht vermeidbarer Einsatz von moderner Technik wird außerhalb der Öffnungszeiten stattfinden.



Ebenso authentisch soll die Gastronomie betrieben werden, sie wird somit zur historischen Erlebnisgastronomie, die Getränke- und Speisekarte wird auch inhaltlich an historische Vorbilder angelehnt. Auch im Gastrobereich soll auf moderne Technik weitgehend verzichtet werden, da wo dies nicht möglich ist, soll es „getarnt“, für den Gast nicht sichtbar, gemacht werden. Da der „Biergarten“ außerhalb des eigentlichen Festungswerkes angelegt  wird (am alten Wachaus, welches von 1916 stammt!), kann hier die Illusion einer „Waldwirtschaft“ außerhalb der Militäranlage erzeugt werden.

Hier sind auch das Backhaus und der Erzeugerdirektverkauf von damals üblichen Waren in das Gesamtkonzept sinnvoll einzubauen. Eine historische Konnexität zum „Oberberghof“, einer ehemals Ulmer Institution, welche nur einige hundert Meter entfernt tatsächlich schon ab 1899 gastronomisch betrieben wurde, ließe sich problemlos herstellen und somit würde auch mit der Gastronomie an eine örtliche Tradition angeknüpft. Der Biergarten würde vom Nimbus, der den Ulmern noch durchaus geläufig ist, profitieren.

 

waldwirtschaft

Biergarten um 1900

Identitätsstiftung für einen jungen Stadtteil

Der Eselsberg ist noch ein recht junger Stadtteil, seine Geschichte beginnt offiziell erst mit dem Jahre 1952. Bebaut wegen der Wohnraumnot in einer vom Weltkrieg gezeichneten Stadt, als Ersatz für die durch Bombardierungen zerstörten Häuser und für die vielen Tausend Flüchtlinge die nach Ulm gekom- men waren.

In den Aufbaujahren blieb nicht viel Zeit für Identitätsstiftung, zudem kam der sprichwörtlich auf der grünen Wiese erbaute neue Stadtteil nie ganz zur Ruhe, da immer wieder Neubaugebiete hinzu kamen. Ein Stadtteilzentrum konnte sich nie etablieren, da die verschiedenen Ausbaustufen nie eines vorsahen.

Obwohl Ende der 1990er Jahre ein „Bürgerzentrum“ im nördlichen Neubaugebiet gebaut wurde, unterließ man es baulich die Voraussetzungen für ein annehmbares Stadtteilzentrum zu schaffen. Was damals als „platzsparende Verdichtung“ propagiert wurde, verhindert wegen der angrenzenden Wohnbebauung das Durchführen echter Stadtteilfeste.

Im Nebenwerk sind dafür sowohl die baulichen Voraussetzungen gegeben, wie es auch die Lage erlaubt Ort eines Stadtteilfestes zu werden ohne Nachbarn in ihrer Wohnqualität einzuschränken. Ein historischer Ort ist außerdem eher geeignet als „Festkulisse“, zudem in nostalgischer/naturnaher Umgebung.

Es gab zwar noch bis Anfang der 2000er Jahre den Versuch ein Stadtteilfest im Fort Unterer Eselsberg zu etablieren, doch haben die das Fort nutzende Gruppen das Interesse daran verloren, zudem herrschen dort zu viele unterschiedliche Motivationen vor und Nähe zur Wohnbevölkerung und Stadtteilbezogenheit gehören leider nicht dazu.

Maifest, Sommerfest oder Herbstflohmarkt wären Anlässe dem Eselsberg eine historische Festheimat zu geben und die Eselsberger zueinander zu führen, als historisches Fundament für die Zukunft, dazu noch ermöglicht es die Lage des Nebenwerks einen Zugang zu den Menschen in der Wissenschaftsstadt zu ge-winnen. Das Nebenwerk als identitätsstiftender Begegnungsort an den Berührungspunkten der Lebens- und Arbeitswelten, der Vergangenheit und Zukunft, des Alten und der Moderne.

Das Nebenwerk bietet eine historische Verortung einer Trabantenstadt, der es noch etwas an eigener Geschichte mangelt.

Der Betrieb durch eine gemeinnützige GmbH ermöglicht und fördert das ehrenamtliche Bürgerengagement für ein stadtteileigenes Baudenkmal mit vielen Angeboten und Beteiligungsfeldern, seien es die Kleintierhaltung, das Backhaus oder eben die Stadtteilfeste und -aktionen.

Das Nebenwerk als Ort von Ferienfreizeiten für Kinder und Jugendliche des Eselsbergs böte eine weitere Attraktion für einen kinder- und jugendfreundlicheren Stadtteil und damit auch mehr Lebensqualität für Familien.

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„Bürgerzentrum Eselsberg“ leider kein Ort für ein Stadtteilfest!